Zehn Jahre Industrie 4.0 – Wo stehen wir?

Zehn Jahre Industrie 4.0 – Wo stehen wir?

Unser gesamtes Wirtschaftssystem steckt in einem tiefgreifenden Wandlungsprozess mit der Notwendigkeit, möglichst viele Abläufe zu digitalisieren. Eine Standortbetrachtung aus Sicht von MGA.


6. Oktober 2021


Während sich die »Industrie 4.0« in unseren Köpfen bereits ausgebreitet hat, hinkt die »reale Welt« größtenteils noch weit hinterher, ist jedoch auf einem guten Weg. Vor mittlerweile zehn Jahren wurde der Begriff von führenden Köpfen der deutschen Wissenschaft und Industrie aus dem Gremium der Forschungsunion geprägt und auf der damaligen Hannover-Messe erstmals in die Öffentlichkeit getragen.

Warum »4.0«? Angelehnt an die gängige Durchnummerierung von Software-Programmversionen zielt die Bezeichnung auf die drei vorangegangenen industriellen Revolutionen:
1. die Mechanisierung mittels Wasser- und Dampfkraft, ab ca. 1780;
2. die Massenfertigung mit Hilfe von Fließbändern und elektrischer Energie, ab ca. 1870;
3. die mikroelektronische Revolution, ab ca. 1970.
Die 4. industrielle Revolution soll nun die Digitalisierung der Produktion auf breiter Front voranbringen.

Zum Glück steht die Notwendigkeit der Digitalisierung in Wirtschaft und Verwaltung nicht zur Disposition, sondern beim Großteil der Marktteilnehmer ganz oben auf den To-Do-Listen. Vor allem exportorientierte Branchen wie der Maschinenbau würden ansonsten den Anschluss verlieren und wären nicht mehr wettbewerbsfähig. Selbst dort, wo der Wettbewerb fehlt wie in der öffentlichen Verwaltung, wird die vorhandene Rückständigkeit als Mangel empfunden und oftmals angeprangert.

Um den Nachzüglern und vor allem der Politik Dampf zu machen, ist die Initiative »Industrie 4.0« sinnvoll und hilfreich, denn die Vordenker haben erkannt, dass die Wirtschaft allein das Thema nicht vorantreiben kann. Erstens benötigt man Infrastrukturmaßnahmen wie etwa schnelles Internet und zweitens eine Veränderung der Bildungslandschaft mit entsprechenden Ausbildungs- und Studieninhalten sowie neue Berufsbilder mit anerkannten Abschlüssen.

Für die Umsetzung ist die Wirtschaft auf die Unterstützung durch die Politik angewiesen. Neben den Investitionen in die Infrastruktur bedarf es großzügiger Fördergelder für die Forschung sowie zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit, wie es auch in anderen Industrieländern gehandhabt wird. Schließlich muss auch die Bevölkerung den Wandel mittragen und mit Steuergeldern finanzieren.

MGA-Chef Lorenz Arnold ist der Meinung, dass mittlerweile sehr vieles auf den Weg gebracht wurde, doch ein großer Teil des Weges noch vor uns liegt. Dies ist durchaus positiv gemeint: »Es gibt noch viel zu tun, zu erreichen – und zu gewinnen«, weiß er aus Erfahrung. Diese zeigt auch: Bei der digitalen Transformation gib es kein definiertes Ziel, das sich zu 100 % erreichen lässt, denn der Fortschritt – wie der Begriff es impliziert – hält nicht an. Vielmehr wachsen mit ihm stetig die Möglichkeiten. Man denke nur an die Perspektiven der künstlichen Intelligenz.

Unternehmen müssen trotzdem Ziele definieren. »Man muss sich sehr wohl den Durchdringungsgrad der Digitalisierung ansehen und ihn bewerten. Es sind zum Beispiel Pilotfabriken entstanden, in denen exemplarisch gezeigt wird, wie das in einer Endausbaustufe aussehen kann«, so Lorenz Arnold.

Veränderungsprozesse in der industriellen Produktion brauchen ihre Zeit, umso mehr, da neben dieser – der Zeit – Fachkräfte und mittlerweile auch das nötige Equipment knapp geworden sind. Wie schnell die Prozesse, wenn angelaufen, umgesetzt werden, hängt auch von der Branche ab. So ist das Tempo von Entwicklung und Veränderung etwa bei Smartphones um Welten höher als in der Konsumgüterindustrie.

»Während Apple einmal, eher zweimal jährlich neue Geräte auf den Markt bringt, kann es im Bereich von Maschinensteuerungen locker 15 Jahre dauern, bis eine Folgegeneration auf den Markt kommt«, weiß Lorenz Arnold. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass die Industrie schläft. Sie verfolgt nur andere Ziele und steht nicht unter dem rasanten Innovationsdruck wie die Hersteller von Consumer Electronics.

Das Besondere an dieser Branche ist, dass sie zwar Konsum-, gleichzeitig jedoch trendige Modeartikel produziert. Ihr Geschäft basiert auf einem permanent hohen Erwartungs- und Nachfragelevel vonseiten der Konsumenten. Andere Industriezweige investieren in der Regel nicht aus modischen Erwägungen heraus, sondern sind von Fragen der Produktivität getrieben. »Natürlich werden Maschinen gerne so lange betrieben, wie es möglich ist«, erläutert Lorenz Arnold. »Gerade in Deutschland hergestellte Anlagen sind äußerst langlebig. Eine Lebensdauer von 20 Jahren ist normal, 30 Jahre ist auch noch gängig und auch Maschinen, die 40 oder gar 50 Jahre alt sind, findet man noch in Fabriken im In- und Ausland«, beschreibt er die Situation.

Dabei besitzt Deutschland als eines der marktführenden Länder ein enormes Potenzial. Fakt ist: Die deutschen Unternehmen nutzen die innovativen Konzepte der Industrie 4.0 nicht nur für ihre eigene Produktion, sondern sind zugleich auch weltweiter Leitanbieter für Lösungen dieser Art.

Die Zukunft ist da – und wir heißen sie willkommen.


Hinweis zu unseren Blogbeiträgen: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwenden wir im Textverlauf die männliche Form der Anrede. Selbstverständlich sind bei MGA Ingenieurdienstleistungen GmbH Menschen jeder Geschlechtsidentität willkommen.