Standardisierung

Standardisierung


22. August 2019


Standardisierung ist zweifellos einer der Erfolgsfaktoren der Industrialisierung. Die Vereinheitlichung von Arbeitsabläufen durch die Massenfertigung von möglichst normierten Komponenten setzte Maßstäbe für ein neues Zeitalter. Erstaunlicherweise ist die Standardisierung gleichwohl ein wunder Punkt im Maschinenbau.

Das Dilemma ist schnell erklärt: Während die Maschinenbauer sich Standards wünschen, verlangen die Kunden nach individuellen Lösungen. Aus nachvollziehbaren Gründen führen standardisierte Prozesse zur Optimierung der Fertigung. Die Serieneffekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette reichen vom Angebot über die Konstruktion, den Bau der Maschine, die Inbetrieb- und Abnahme bis hin zur Garantiephase. Wenn die Hersteller ihre Maschinen einer Vielzahl von Kunden unterschiedlicher Branchen anbieten können, senkt dies in erster Linie die Kosten. Weitere Vorteile sind geringere technische Risiken durch bewährte ausgereifte Lösungen und mehr Planungssicherheit auf der Zeitschiene, d.h. es ist leichter, zugesagte Liefertermine einzuhalten.

Andererseits stehen die meisten Kunden ihrerseits im Wettbewerb und besitzen genaue Vorstellungen, wie ihr Produkt oder die zugehörige Verpackung aussehen soll. Die Umstellung auf standardisierte Maschinen scheitert oft gerade an der Zufriedenheit der Kunden mit dem Status Quo, d.h. sie bestehen auf ihren gewohnten individuellen Lösungen. Mit diesen kennt sich ihr Instandhaltungspersonal bestens aus und muss nicht neu geschult werden. Auch besitzen viele Kunden noch einen Bestand an Ersatzteilen und müssen dann nicht neu bevorraten.

Beide Positionen stehen sich auf den ersten Blick diametral gegenüber. Auf den zweiten Blick gibt es allerdings Lösungsansätze. So lässt sich häufig eine Standardisierung auf Modul- oder Baugruppenebene umsetzen, indem individuelle Maschinen durch die Kombination von Modulen gebaut werden. Mit Hilfe moderner Engineeringtools zur Produktkonfiguration lässt sich schließlich eine Vielzahl von Varianten generieren.

Der Erfolg von Standardisierungsbemühungen ist immer stückzahlabhängig, d.h. großen Maschinenbauern fallen Standardisierungsprozesse normalerweise leichter. Setzen sie diese konsequent um, können sie die eigenen Standards bei ihren Kunden leichter durchsetzen. Bleiben Standardisierungsprozesse allerdings aus, laufen auch große Marktteilnehmer Gefahr, von kleineren Mitbewerbern mit hoher Standardisierungsquote verdrängt zu werden.

Das Dilemma setzt sich dort fort, wo Fertigung und Vertrieb nicht am selben Strang ziehen. Ein Beispiel: Während Konstruktion und Produktion anführen, »der Vertrieb möge endlich mehr Standards verkaufen, dann wären unsere Lösungen ausgereifter und wir könnten kostengünstiger liefern«, argumentieren Vertriebler: »Wenn wir keine individuellen Wünsche der Kunden mehr erfüllen wollen, dann werden wir weniger Maschinen verkaufen, denn unser Mitbewerber XY wird die Wünsche mit Handkuss erfüllen.«

Standardisierung bedeutet zuallererst, Entscheidungen zu treffen und damit auch die Angebotsvielfalt einzuschränken. In dieser Reduktion schwingt häufig die Sorge mit, anschließend nicht mehr genügend Aufträge zu bekommen.

Was gilt für die Kunden von MGA?

Das Thema begleitet MGA-Chef Lorenz Arnold seit seinem Studium, genauer seinen ersten Praktika im Engineering. Immer wieder hörte er: »Wir müssten dringend standardisieren! Aber das geht bei uns ja nicht, weil …«
Von seiner langjährigen Erfahrung profitieren seine Kunden. Diese entkommen dem Dilemma, indem sie einerseits dort konsequent standardisieren, wo sie über die Ausführung nicht mitreden wollen. An passenden Stellen werden dafür ganz bewusst kundenspezifische Anpassungen vorgenommen. Allerdings lässt sich auch unter MGA-Kunden beobachten, dass Stückzahlen einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg von Standardisierungsbemühungen haben.

Als kurios erachtet Lorenz Arnold die Aussagen im Prinzip aller seiner Kunden, die sich selbst als »Sondermaschinenbauer« bezeichnen, die keine Standardlösungen bauen, sondern stets auftragsindividuelle Lösungen – wohl wissend, dass sehr wohl Standards »hinter den Kulissen«, also auf Modul- und Baugruppenebene, vorhanden sind. Arnold erklärt das so: »Es ist auffallend, dass sich die Maschinenbauer offenbar wohl damit fühlen, in der Kommunikation nach außen den Schwerpunkt auf Sonderlösungen zu legen.«
Seinen Kunden rät er trotzdem, mehr Standardisierung zu wagen. Der Gruppe der Unternehmen, bei denen die Standardisierung weit fortgeschritten ist, hält er den Spiegel vor und lobt: »Ihr seid schon verdammt gut!« Den Kunden, die sich schwer damit tun, zu Standards zu kommen, gibt er Tipps, wie es gehen kann.
Lorenz Arnold weiß schließlich, worum es geht, denn: »Gesehen habe ich in den letzten 25 Jahren wahrlich genug!«


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