Predictive Maintenance, ein Blick in die Zukunft

Predictive Maintenance, ein Blick in die Zukunft


6. April 2021


Beim Begriff »Predictive Maintenance« beginnen die Augen so manchen Ingenieurs zu leuchten wie beim Blick in die Glaskugel, in der sich die Zukunft zu erkennen gibt.
Schmerzen sind eine feine Sache! Wie bitte? Ja, Schmerzen sind etwas Positives, denn sie sind nichts anderes als ein Alarmsignal unseres Körpers, dass es höchste Zeit für eine Wartung des schmerzenden Teils ist und zwar: bevor es kaputt ist. Manchmal genügt schon ein bisschen Entlastung, etwas Bewegung, vielleicht eine Salbe, ein bisschen Druck und anschließend eine präventive Vermeidung der Ursachen.

Unser Körper besitzt noch eine weitere phantastische Eigenschaft: Selbstheilungskräfte, die alles wieder ins Lot bringen, damit wir wieder einhundertprozentig funktionieren – oder wie wir das beim Menschen nennen: gesund sind. Aus Erfahrung können wir außerdem ganz gut einschätzen, wie lange und in welchem Maß unsere Körperfunktionen belastbar sind und wie sich die vielfältigen Signale deuten lassen. So lässt sich für den menschlichen Lebenslauf ein dynamisches und gleichzeitig sensibles Erwartungsmanagement betreiben.

Das ist wunderbar, aber was hat das jetzt hier an dieser Stelle zu suchen? Die Antwort ist ganz einfach: Ingenieure streben danach, Maschinen zu entwickeln, die möglichst perfekt – das heißt präzise und zuverlässig – funktionieren sollen und das möglichst lange. D’accord? An und für sich ist der Ingenieur als Mensch schon ziemlich perfekt. Es liegt also nahe, einer Maschine die Eigenschaften einbauen zu wollen, die der menschliche Körper idealerweise besitzt.

Solch ein Aggregat würde sich selbst melden, bevor eine wichtige Funktion ausfällt und möglicherweise weitere Schäden und längere Ausfallzeiten verursacht. Damit wäre eine Vorhersage künftiger Verschleiß- oder Versagensereignisse und damit eine vorausschauende Instandhaltungsplanung – im Fachjargon Predictive Maintenance genannt – möglich. Gibt es nicht? Doch, gibt es, zwar in der Praxis noch schleppend, aber zahlreiche Entwickler haben sich dieses Themas angenommen.

Die Idee ist so alt wie die Begriffe »Industrie 4.0«, »IIoT«, »Big Data« und »KI« und wenn es an die Umsetzung der Predictive Maintenance geht, spielen genau diese Begriffe technisch die tragende Rolle. Zunächst bedarf es einer permanenten automatischen Erfassung von Zustandsdaten im laufenden Betrieb mittels sensorischer Messtechnik, sei es von Einzelkomponenten wie Robotern oder ganzen Produktionsmaschinen. Die zweite Stufe besteht im Sammeln und Übertragen dieser Daten und daraus errechnet schließlich Vorhersagen, welche Versagensfälle zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft zu erwarten sind.

Üblicherweise werden Maschinen entwickelt, gebaut, geprüft und ausgeliefert. Im Lieferumfang enthalten ist häufig ein standardisiertes Ersatzteilpaket mit all den möglichen Verschleißteilen, die während der Abschreibungsdauer erfahrungsgemäß ersetzt werden könnten. Das ist nicht nur ein feiner Zug des Maschinenbauers, sondern in der Regel ein attraktives Zusatzgeschäft.

Bei Maschinen mit Predictive Maintenance fällt dieses Vorratspaket weg, dafür müssen ihre Entwickler eine Vielzahl von Sensoren bei der Planung berücksichtigen. Im Gegensatz zum zentralen ERP-System in der klassischen Automatisierungspyramide werden die Daten nun direkt von den Sensoren per WLAN oder IO-Link in eine Cloud übertragen – ein Paradebeispiel für die Anwendung der 5G-Technik!

Am spannendsten ist sicherlich die Ableitung von Vorhersagen. Je mehr Daten aus den Sensoren und den Folgeereignissen gesammelt werden, desto genauer werden die Prognosen zutreffen. Mit der Komplexität der Maschinen steigt auch die Herausforderung für die Programmierer. Die Lösung sind selbstlernende Systeme, also der Einsatz künstlicher Intelligenz.

Während die geistige Arbeit Stück für Stück durch Algorithmen ersetzt wird, dürfen auch in der »Industrie 4.0« nach wie vor Menschen die manuelle Arbeit, etwa den – im Idealfall rechtzeitigen – Austausch von Bauteilen vor dem Defekt übernehmen. »Da soll noch einer behaupten, die Automatisierung müsse stets mit dem Wegfall von Arbeitsplätzen einhergehen, für die keine akademische Ausbildung nötig ist«, meint MGA-Chef Lorenz Arnold.

Predictive Maintenance wird auch für seine Mitarbeiter zukünftig eine immer größere Rolle spielen. »Wir müssen das Konzept verstehen, damit wir auf unserer Ebene wissen, was zu tun ist. Unser Job ist es, die Maschinen mit geeigneten Sensoren auszustatten, deren Daten aufzunehmen und in die Cloud zu bugsieren«, beschreibt er die kommenden Aufgaben.

Es wird eine spannende Zusammenarbeit fachbereichsübergreifender Teams aus der Mechanik, Steuerungstechnik, Instandhaltung und IT. Die Entwicklung bedeutet nichts weniger als einen Paradigmenwechsel der Beteiligten und Chancen für neue Angebote, neue Geschäftsfelder, neue Vergütungsmodelle. »Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt«, freut sich Lorenz Arnold auf die Zukunft.

Und die Hauptsache: gesund!


Hinweis zu unseren Blogbeiträgen: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwenden wir im Textverlauf die männliche Form der Anrede. Selbstverständlich sind bei MGA Ingenieurdienstleistungen GmbH Menschen jeder Geschlechtsidentität willkommen.