Industrielle Bildverarbeitung – mehr als nur eine Sichtkontrolle

Industrielle Bildverarbeitung – mehr als nur eine Sichtkontrolle

Technische Systeme zur optischen Fehlererkennung sind wichtige Bausteine automatisierter Produktionsanlagen und damit Teil der Arbeitswelt der MGA-Spezialisten.


2. Mai 2022


Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Dieses geflügelte Wort zielt auf die erstaunliche Fähigkeit unseres Gehirns, optische Signale in Emotionen zu verwandeln. Allerdings spielen in den seltensten Fällen Gefühle eine Rolle, wenn es um die Sichtkontrolle innerhalb industrieller Fertigungsprozesse geht. Schade? Nein, das ist gut so! Aus diesem Grund sind unsere Augen – zweifellos wahre Wunderwerke der Natur – viel zu kostbar, um bei der permanenten Fehlersuche an leblosen Werkstücken verschlissen zu werden.

Da die optische Erfassung innerhalb der Produktionsabläufe seit Beginn der Automatisierung immer wichtiger geworden ist, haben sich zum Glück Entwickler und Hersteller gefunden, die sich der industriellen Bildbearbeitung – auch genannt Vision Control oder vereinfacht Vision – widmen. Im Wesentlichen funktioniert diese Technik wie das Fotografieren mit einer Digitalkamera plus Auswertung des Bildmaterials mit einer Software.

Es stellt sich die Frage, ob dafür nicht auch ein aktuelles Smartphone geeignet wäre. Dies können wir bedingt bejahen. Mit Apps zur Gesichtserkennung oder Pflanzenbestimmung erfüllen Smartphones durchaus Kriterien der industriellen Bildbearbeitung und zugegebenermaßen haben die handlichen Alltagsbegleiter mittlerweile Fähigkeiten, von denen Vision Control-Systeme nur träumen können. Andererseits spielen in der industriellen Anwendung Kriterien, die für den mobilen Alltagsgebrauch wichtig sind, eher keine Rolle.

Vielmehr kommt es hierbei auf andere »Skills« an. Entscheidend ist die Fähigkeit, schnell und zuverlässig Werkstücke zu erkennen und deren äußeres Erscheinungsbild zu bewerten. Robustheit und Langlebigkeit sind also wichtiger als Multifunktionalität und Haptik. Die Geräte zählen nicht umsonst zu den sogenannten zerstörungsfreien Prüfverfahren.

Wie zu vermuten war, besteht das Herzstück des Equipments aus einer Kamera, bestehend aus Gehäuse, Objektiv und Bildsensor. Eine mit LEDs bestückte Komponente, die den Beobachtungsraum um das Werkstück gleichmäßig beleuchtet, sowie eine Auswertesoftware vervollständigen das zeitgemäße System.

Zur Auswertung verwendet die Software Algorithmen, die die aufgenommenen Bilder etwa anhand festgelegter Referenzpunkte mit einem gespeicherten Original abgleichen. Je nachdem, in welchem Maß sich die Daten unterscheiden, werden die Werkstücke durchgewunken oder aussortiert. Wie sich denken lässt, wurden in jüngster Vergangenheit – auch dank der rasanten Steigerung der Rechnerleistungen – gerade in der Softwareentwicklung erhebliche Fortschritte erzielt.

Doch auch in der technischen Weiterentwicklung tut sich immer wieder etwas. Dank hochauflösender Objektive können feinste Unregelmäßigkeiten und minimale Verunreinigungen an Werkstücken erkannt werden. Gerade für die Produktion von hochsensiblen Teilen führen diese Kontrollinstrumente zu einer gleichbleibend hohen Qualität der versandfertigen Waren.

Was hat MGA mit Vision Control am Hut?

Auch die MGA-Spezialisten haben es in ihrer Praxis regelmäßig mit Vision Control-Systemen zu tun. »Die industrielle Bildbearbeitung begegnet uns in unseren Projekten oft und zudem immer häufiger«, so Lorenz Arnold. Gerade in ihren Schwerpunktbranchen Montageanlagen, Intralogistik und Verpackungsmaschinen ist die Verwendung solcher Systeme üblich. Selbst einfache Barcodes auf Werkstücken werden nicht zwingend von Scannern gelesen, sondern lieber mit Vision Control, da sich über die Auswertesoftware viel mehr Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung bieten.

Wer bei MGA arbeitet, muss kein Vision Control-Experte sein. »Wir sehen uns als Partner des Maschinenbaus als Anwender und nicht als Anbieter oder Errichter derartiger Systeme«, betont der MGA-Chef. Allerdings können sich aus jahrelanger Erfahrung im Umgang mit dieser Technologie Expertenkenntnisse entwickeln, wie einzelne MGA-Mitarbeiter beweisen. »Zum Nutzen unserer Kunden bringen wir dieses gerne in Projekten ein«, verspricht Lorenz Arnold.

Der Ausblick auf die Zukunft der industriellen Bildbearbeitung fällt optimistisch aus, denn diese verspricht eine weiter fortschreitende Perfektionierung der Kontrollmöglichkeiten. Schon jetzt wird mit Verfahren gearbeitet, die außerhalb von menschlichem Sehvermögen liegen – Stichwörter Wärmebildkameras, Thermographie bzw. Infrarotfotografie.

Wer in die Glaskugel blickt, erkennt auch, dass dieser Technik auch Grenzen gesetzt sind. Werkstücke mit reflektierenden Oberflächen sind dafür ein Beispiel, wechselnde Lichtverhältnisse ein anderes. Auch eine hohe Produktvielfalt im Bearbeitungsprozess kann zum Versagen des Kontrollsystems führen.
Andererseits dürfen wir gespannt sein, welche neuen Optionen sich aus der Verknüpfung mit Künstlicher Intelligenz ergeben. Der Fantasie sind hierbei kaum Grenzen gesetzt, zumal das Interesse aus Industrie und Forschung sehr groß ist.

Im Interesse seiner Zunft wünscht sich Lorenz Arnold, »dass es am Markt zu einer Konsolidierung der Technologie kommt, also dass Standards geschaffen werden und/oder sich durchsetzen. Die aktuelle Vielfältigkeit der Systeme sorgt beim Anwender für eine zusätzliche Komplexität, der – bei allem Respekt – kein adäquater Zusatznutzen gegenübersteht.« Damit spricht er die Herstellerseite an, die aus zahlreichen innovativen Anbietern besteht, von denen jeder wie beim altbekannten Thema Handykabel zulasten der Kompatibilität an seiner eigenen Lösung festhält.

Ganz gleich, wie sich die Sparte weiterentwickelt: In jedem Fall dürfen wir davon ausgehen, dass die optische Kontrollinstanz auch in Zukunft technischer Natur sein wird. So kann sich das menschliche Auge auf das konzentrieren, was es am besten kann: Gefühle erzeugen!


Hinweis zu unseren Blogbeiträgen: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwenden wir im Textverlauf die männliche Form der Anrede. Selbstverständlich sind bei MGA Ingenieurdienstleistungen GmbH Menschen jeder Geschlechtsidentität willkommen.