Druckluft: Vor- und Nachteile der Pneumatik und Alternativen dazu

Druckluft: Vor- und Nachteile der Pneumatik und Alternativen dazu

Dank ihrer Vielseitigkeit und Flexibilität ist Pneumatik ein sehr häufig verwendetes Mittel in der Antriebstechnik im Maschinenbau, besitzt aber nicht nur Vorteile.


8. Januar 2025


»Immer dieser Druck!« Bezogen auf stressgeplagte Menschen beinhaltet dieser Begriff alles andere als einen willkommenen Aggregatzustand. Einmal dort hineinversetzt, ist es zumeist eine mühsame Daueraufgabe, denselben wieder abzubauen.

Weitab vom allgegenwärtigen Zeit-, Leistungs- und Erfolgsdruck gibt es zum Glück sinnhafte Zustände und Gelegenheiten, Dinge unter Druck zu setzen. Dies begreifen bereits kleine Kinder, wenn es um das Aufblasen von Luftballons oder Fahrradreifen geht und das schon sehr lange, nämlich seit der Entwicklung von Hohlkörpern aus Gummi.

Überhaupt ist Druck in Verbindung mit Luft eine allgegenwärtige Sache, wobei uns der Luftdruck oft genug Probleme bereitet, ganz in Abhängigkeit vom Ort, an dem wir uns gerade befinden.

Anders sieht das in kontrollierten Anwendungen aus, wobei für uns besonders diejenigen von Interesse sind, die für Wissenschaft und Technik relevant sind. War es zu Schulzeiten meist ein herrlicher Spaß, Dinge mittels Druckluft zum Platzen zu bringen, haben sich Ingenieure und Maschinenbauer solcherlei Erkenntnisse längst zu eigen gemacht und der Druckluft ein breites Anwendungsportfolio ermöglicht.

In vielen Bereichen dient Druckluft als unverzichtbare Energiequelle, in der Medizin unter anderem gar als Lebensretter. Auch die Umwelt- und Kraftfahrzeugtechnik kommt nicht ohne Druckluft aus. Diese ist vielfach einsetzbar: als Energieträger, Füll- oder Kühlmittel, für Rückstoßantriebe, als Steuermedium oder zur Erzeugung akustischer Signale, zum Trocknen, Reinigen und Absaugen. Zudem lässt sich akut nicht benötigte Druckluft in speziellen Behältern speichern.

Für MGA besteht der wichtigste Verwendungszweck als Teil von Maschinen in der Automatisierungstechnik, sprich: in der Pneumatik. Solche druckluftbetriebenen Systeme stellen eine Alternative zu elektrischen bzw. elektronischen Systemen dar und dienen dabei der Energieversorgung von Zylindern oder ganzen Motoren.

Lorenz Arnold beschreibt diesen für MGA häufigen Anwendungsfall am Beispiel eines Zylinders, der pneumatisch zwischen seinen beiden Endlagen hin und her bewegt wird: »Damit können unzählige Schaltvorgänge realisiert werden – der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt«, sagt er.

Als »vielleicht coolsten« Anwendungsfall im Maschinenbau erwähnt der MGA-Inhaber das Aufblasen der allgegenwärtigen PET-Flaschen im Streckblasverfahren, was allerdings nicht in das Ressort der Automatisierungs-, sondern der Prozesstechnik fällt.

Nachteile von Luftdruckanwendungen

Ja, mit der Druckluft könnte alles so einfach sein, wenn es neben Vorteilen nicht auch Nachteile gäbe. Grund dafür ist die Energieeffizienz bei der Erzeugung, denn diese gilt – nicht zu Unrecht – als aufwändig und teuer.

In den Anfängen wurde Druckluft noch mit Blasebälgen erzeugt, eine Methode, die naturgemäß recht früh an ihre Grenzen stößt. Für heutige Anforderungen ist der Einsatz von Kompressoren bzw. Verdichtern das Mittel zum Zweck. Angetrieben werden diese Maschinen mit Strom, wobei Wärme freigesetzt wird. Das Maß der Effizienz hängt also einerseits vom Strompreis und andererseits direkt davon ab, wie diese Abwärme genutzt wird. In modernen Produktionsbetrieben wird sie sinnvollerweise als Prozesswärme genutzt oder in das Heizkonzept integriert.

Verbunden mit den Kompressoren ist Nachteil Nummer zwei. Dieser betrifft die Qualität der Druckluft und deren Verschmutzung mit Öl. Zugegeben: Es ist nicht sehr viel Öl, aber mit der unvermeidlichen Kontamination innerhalb des Komprimierungsprozesses verliert die Luft an Reinheit, die sie für bestimmte Zwecke unbrauchbar macht oder die beim Austritt in die Umwelt für deren Verschmutzung sorgt.

»Überall dort, wo Luft gewollt – beim Abblasen – oder ungewollt – im Fall einer Leckage – das System verlässt, legt sich ein Ölnebel auf die Umgebung. Im Laufe der Zeit kann sich ein spürbarer Ölfilm bilden«, weiß Lorenz Arnold und nennt manche Praktiken, bei denen beispielsweise Zylinder mit ölhaltiger Druckluft absichtlich geschmiert werden, »auf gut deutsch eine Sauerei«.

Abgesehen von Umweltaspekten bedeutet eine notwendige Reinigung solch verunreinigter Druckluft automatisch eine weitere Verschlechterung der Energieeffizienz. Entsprechendes gilt für weitere Abweichungen der erzeugten Druckluft von deren gewünschten Eigenschaften, etwa bezüglich ihrer Temperatur oder Feuchtigkeit.

Nachteil Nummer drei fällt häufig nicht ins Gewicht, ist aber da: Kompressoren verursachen Lärm. In industriellen Produktionsräumen herrscht meist ohnehin eine ziemliche Geräuschkulisse, in manch anderer Umgebung, etwa in Krankenhäusern, möglichst nicht. Somit wird die Druckluftzentrale hinter lärmabsorbierenden Wänden versteckt, was einen baulichen Mehraufwand bedeutet.

Als weiteren Nachteil benennt Lorenz Arnold eine in der Praxis unvermeidbare Folge bei der Verteilung der Druckluft. Auch wenn diese über einfach zu verlegende Schläuche günstig zu bewerkstelligen ist, sind wohl Leckverluste an der Tagesordnung. Diese mindern die Energieeffizienz und sorgen für unerwünschte Geräusche, so der Fachmann.

Was ist die Alternative?

Gibt es also Alternativen zu pneumatischen Lösungen ohne deren Nachteile? »Durchaus«, sagt Lorenz Arnold. »In der Automatisierungstechnik gibt es fast immer alternativ zur pneumatischen Lösung auch eine elektrische, in der Regel elektromotorische. Diese Lösung ist sauber – nicht nur im Sinne der Reinlichkeit, auch im Sinne der Funktion. Es ist aber in der Regel auch die teurere Alternative.«

Doch es gibt auch Anwendungen, bei denen Pneumatik alternativlos ist, und zwar dort, wo die Technik keine Explosionen auslösen darf. Dieses Risiko sei gar nicht mal so selten, wobei laut Arnold in der Regel Gas oder Staub die Ursache für die Explosionsgefahr seien.

Als Fazit nennt er die Aussage, dass Pneumatik mehr als nur ein Randthema im Maschinenbau und insbesondere in der Antriebstechnik darstellt. Pneumatische Lösungen seien hier weit verbreitet. Dabei stecke hinter der Verwendung von Druckluft im technischen Bereich eine ganze Menge an Technik, die nötig sei, um aus profaner, überall verfügbarer (Atem-)Luft ein als Energieträger nutzbares Medium zu machen. Demgegenüber bedeuten elektrische Antriebe eine praktikable Alternative, die zwar in der Regel teurer, aber insbesondere bei der Frage der Energieeffizienz weit voraus sei.

In der MGA-Praxis findet sich Pneumatik in fast jeder Maschine. Die MGA-Experten sorgen als Steuerungstechniker für das reibungslose Funktionieren der Systeme, also auch der pneumatischen. Es zählt allerdings nicht zu den Aufgaben von MGA, die Pneumatik als Ganzes zu planen. Hierfür gibt es Fluidexperten, mit denen die „MGAler“ im Projekt eng kooperieren.

Pneumatik ist zwar flexibel und – abgesehen von der Drucklufterzeugung – durchaus günstig. Um letzten Endes abzuwägen, welche Technik im konkreten Fall zu bevorzugen ist, bemüht Lorenz Arnold die Eigenschaften, die Ingenieure und Techniker grundlegend auszeichnet: »Bei einer Problemstellung nicht die Lösung umsetzen, die einem als erstes in den Sinn kommt, sondern zu fragen: Welche anderen Lösungsmöglichkeiten gibt es? Was sind die Vor-, was die Nachteile? Was empfehle ich am Ende meinem Kunden?«


Hinweis zu unseren Blogbeiträgen: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwenden wir im Textverlauf die männliche Form der Anrede. Selbstverständlich sind bei MGA Ingenieurdienstleistungen GmbH Menschen jeder Geschlechtsidentität willkommen.