Der Staatlich geprüfte Techniker – eine Fachkräfterperle
Für Unternehmen wie MGA sind sie besonders wertvoll. Allerdings sinken die Schülerzahlen an den Fachschulen drastisch. Für Lorenz Arnold ist dies ein Herzensthema und er wünscht sich etwas.
11. Juli 2023
Deutschland wird gerne als Land der Dichter und Denker gelobt. Das klingt schön und edel, doch mindestens ebenso treffend wäre das Attribut »Land der Techniker«. Schließlich wurden und werden hier seit vielen Generationen technische Meilensteine ertüftelt und realisiert. Treffendstes Beispiel hierfür ist sicherlich das Automobil, doch auch im Maschinen- und Anlagenbau gehören namhafte deutsche Unternehmen schon lange zur Weltspitze. Dichter und Denker oder Techniker: Wer sind wir lieber?
Schon immer wird Technik hierzulande mit Zukunft, Wohlstand und Sicherheit verbunden. Wer technischen Sachverstand besitzt, etwas konstruieren oder zumindest reparieren kann, wird gebraucht und erhält garantiert Anerkennung. Und Anerkennung ist doch das, was die meisten Menschen brauchen. Ist es nicht so?
Andererseits gelten technische Berufe als besonders anspruchsvoll. Maschinenbau, Elektrotechnik und alle sonstigen Ingenieurfächer besitzen den Ruf, nur für Überflieger geeignet zu sein, die außer ihrem Studium keine weiteren Interessen verfolgen wollen, und auch, weil die technische Entwicklung stetiges, das heißt lebenslanges Weiterlernen verlangt.
Was viele nicht auf dem Schirm haben, ist, dass es neben zeitintensiven und – weil keine Zeit zum Nebenbei-Geld-verdienen bleibt – teuren Studiengängen weitere Wege gibt, ans anvisierte Ziel zu gelangen. Einer davon ist die Qualifizierung zum Staatlich geprüften Techniker.
Wie wird man zum Staatlich geprüften Techniker?
Staatlich geprüfte Techniker dürfen sich die erfolgreichen Absolventen staatlicher oder staatlich anerkannter privater Technikerschulen nennen. Das bedeutet, der Weg zum Titel führt über eine Abschlussprüfung, ein Staatsexamen. Hinter den Prüflingen liegen zwei Jahre Unterricht in Vollzeit oder alternativ (in der Regel) vier Jahre in Teilzeit, doch das ist noch nicht alles. Wer sich an einer Technikerschule anmelden möchte, muss eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem technischen Beruf sowie eine anschließende mindestens einjährige Berufspraxis nachweisen. Somit handelt es sich bei dieser Schulart um eine sogenannte Aufstiegsweiterbildung.
Was macht ein Staatlich geprüfter Techniker?
Je nach Fachrichtung – und davon gibt es etwa 50 auf der Liste – verfügt der Staatlich geprüfte Techniker über ein fundiertes gegenüber der vorherigen Ausbildung erweitertes Fachwissen. Zusätzlich besitzt er nun die Qualifikation, leitende Aufgaben bis hin zur Unternehmensführung zu übernehmen. Mit der bestandenen Abschlussprüfung erwerben die Absolventen auch die Ausbildereignung und die Fachhochschulreife, können damit somit ein Studium an einer Fachhochschule anschließen.
Nach dem Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR), durch den berufliche Qualifikationen in der EU vergleichbar sein sollen, ist der Staatlich geprüfte Techniker übrigens dem Bachelor-Abschluss gleichgestellt.
Aus der Praxis für die Praxis – was einen Staatlich geprüften Techniker so wertvoll macht
Dies weiß Lorenz Arnold genau: Techniker haben einen ausgeprägten Sinn für und Neigung zur Praxis, sagt er. Das sei besonders in der Inbetriebnahme und im Service von entscheidender Bedeutung. Seiner Erfahrung nach wollen Techniker auch nach der Aufstiegsweiterbildung praktisch arbeiten. Dies gilt ebenso für den Bereich der Elektrokonstruktion. Auch hier sind Techniker dafür prädestiniert, den Aufbau von Schaltschränken und die Verdrahtung in der Maschine zu planen. Wer könnte Machbarkeit und Montierbarkeit besser beurteilen als ein Fachmann mit Praxiserfahrung? Diese Erfahrung aus Berufsausbildung und -praxis haben Techniker den Hochschulabsolventen voraus und können deshalb im Prinzip sofort in Projekten eingesetzt werden.
»Techniker gehören zur DNA von MGA«, betont der MGA-Geschäftsführer und erzählt: »Schon vor dem ersten ›echten‹ Ingenieur habe ich bei MGA die ersten Techniker eingestellt. Das war vor inzwischen fast 25 Jahren.« Dem ist kaum etwas hinzuzufügen.
Natürlich will MGA auch die »Überflieger« von Universität und Hochschule und Lorenz Arnold investiert gerne die Zeit, ihnen den beruflichen Alltag beizubringen, doch Absolventen geeigneter Fachschulen sind Lorenz Arnold genauso lieb und teuer. Beide, Ingenieure wie Techniker, besäßen Stärken, die sie auszeichnen: »Techniker sind Praktiker, packen an, sind Macher, bringen Projekte voran, ›in time and budget‹. Sie fackeln nicht lange. Ingenieure hingegen sind ›für das Bohren fachlich dicker Bretter‹ die Richtigen. So können sie bei Themen der Softwareentwicklung, die beispielsweise in die Lösung einer Sprachsteuerung bei MGA gemündet ist, wahre Wunder vollbringen.«
Die sogenannte Gleichstellung gemäß EQR hält der Unternehmer für wenig hilfreich: »Hier wird um jeden Preis verglichen, was unvergleichbar ist.« Bei MGA sind jedenfalls beide hochwillkommen, jeder an seinem Platz. »Insofern stimmt es dann ja doch mit der Gleichstellung«, stellt Lorenz Arnold mit einem Augenzwinkern fest.
Aktuelle Herausforderungen der Fachschulen für Technik
Massiv gesunkene Schülerzahlen sind das Hauptproblem der Technikerschulen. »In den letzten 15 Jahren ist die Zahl der Schüler auf etwa 1/3 gesunken«, weiß Lorenz Arnold und bedauert dies sehr. Er führt diese für viele Schulen existenzbedrohende Entwicklung auf mehrere Ursachen zurück. Neben der Alterspyramide liegt es am anhaltenden Trend zur Akademisierung, meint er und wünscht sich mehr Aufklärungsarbeit bei Eltern, die die Berufswahl ihrer Kinder entscheidend beeinflussen. So nehmen viele irrtümlich an, dass der Besuch einer Technikerschule Geld kostet. Das ist so bei den Privatschulen, bei den öffentlichen in der Regel nicht mehr.
MGA fördert bewusst ausgewählte Fachschulen und damit die angehenden Techniker, etwa durch Projektarbeiten, Fachvorträge (z.B. zur Inbetriebnahme oder zur Sprachsteuerung für Maschinen), auch durch Sponsoring, etwa von Equipment für Labore und – nicht ganz uneigennützig – durch Stellenangebote für die Absolventen.
Beispiele für Fachschulen, mit denen MGA kooperiert, sind die Technikakademie der Stadt Braunschweig (TAB) und die Fachschule für Technik am Berufsschulcampus Unstrut-Hainich in Mühlhausen/Thüringen. Während TAB-Schulleiter Lutz Barfels betont, wie heiß begehrt die Absolventen vor allem von Industriebetrieben umworben werden – »Wir bilden mit den Technikern hoch qualifizierte junge Menschen aus, die in der Industrie heiß begehrt sind. Die Absolventen werden uns von den Unternehmen förmlich aus den Händen gerissen. Das zeigt den Wert dieser Ausbildung.« – zielt Matthias Grywatsch, stellvertretender Schulleiter in Mühlhausen, auf den Bekanntheitsgrad des Berufs des Technikers: »Wir haben uns das Ziel gesetzt, den Beruf des Technikers in der breiten Öffentlichkeit noch bekannter zu machen. Unsere Studierenden sind hoch engagiert und unsere Absolventen bringen die Unternehmen, in denen sie heute arbeiten, vorwärts.«
Lutz Barfels
Matthias Grywatsch
Dies wünscht sich auch Lorenz Arnold und die duale Ausbildung gleich mit: »Wir haben mit der dualen Ausbildung ein System, um das wir weltweit beneidet werden«, sagt er. Trotzdem stünde es zunehmend im Wettbewerb mit der akademischen Ausbildung an Hochschulen und Universitäten. Bei diesem Thema kann er sich durchaus aufregen und er nennt auch den Grund: »Wir haben einen Trend zur Akademisierung, treiben jeden in die Hochschulen und Universitäten, indem wir den Leuten vermitteln, nur dann seien sie wertvoll. Und was passiert dann? Dann ernten wir in den MINT-Studiengängen Abbrecherquoten von bis zu 80 Prozent! Mir fehlen eigentlich die Worte …«
Einen Ausweg aus dem Dilemma legt der MGA-Inhaber auf den Tisch: das Recht für Studienabbrecher der MINT-Studiengänge, an die Technikerschule zu wechseln. Wegen der strikten Vorgaben ist dies bislang so gut wie unmöglich. Wenngleich Lorenz Arnold die Pflicht einer Berufsausbildung als Einstiegsvoraussetzung als wesentliches Merkmal generell positiv bewertet, regt er trotzdem an, einen Weg zu suchen, um damit nicht nur den Abbrechern zu helfen, sondern auch »den Fachschulen und schlussendlich natürlich den Unternehmen, die krampfhaft Fachkräfte suchen«.